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Bundesverfassungsgericht wegen Juris-Kooperation verklagt
In seiner heutigen Ausgabe berichtet das Handelsblatt mit dem Titel "Klage gegen das Verfassungsgericht" (S. 28) darüber, dass Lexxpress.de, ein Wettbewerber des elektronischen Datenbankbetreibers Juris, gegen die exklusive Juris-Kooperation mit dem Bund und dem Bundesverfassungsgericht nun gerichtlich vorgehe. Das Handelsblatt zitiert den Lexxpress-Geschäftsführer Christoph Schwalb:
"Die Privilegierung von Juris ist eine massive Marktverzerrung. Es ist für andere Anbieter extrem schwer, sich auf dem Markt zu etablieren."
Die Kooperationsvereinbarung zwischen Bund und Juris (Mehrheitseigentümer Bund) sehe vor, dass die bereitgestellten und weiter aufbereiteten Urteile "nicht ohne Zustimmung der Juris GmbH an Dritte" zum Aufbau anderer Datenbanken weitergegeben werde.
Das Handelsblatt verweist auf die beim Verwaltungsgericht Karlsruhe eingereichte Klageschrift, wonach das Bundesverfassungsgericht Juris für die Vermarktung seiner Urteile "nicht im Rahmen eines transparenten und diskriminierungsfreuen Verfahrens ausgewählt" habe. Gestützt wird die Klage laut Handelsblatt auf ein Verstoß gegen öffentliches Vergabe- und Beihilferecht.
Im Hintergrund interessant ist auch das Konkurrenzverhältnis von Juris und Beck-Online als kostenfpflichtiges Portal des Beck Verlags. Die beiden Anbieter decken mit ihren Datenbanken einen Großteil der juristischen Fachinhalte ab, während in europäischen Nachbarstaaten zumindest Gerichtsurteile kostenlos in teils ebenfalls staatlich betriebenen Rechercheplattformen zugänglich sind. Bemerkenswert ist insoweit durchaus, wenn auch Beck-Online nun öffentlich Kritik an der Juris-Sonderstellung vorbringt. So beschwert sich Simon Hohoff von Beck-Online über die offenbar umfassende Vor- und Zuarbeit von gerichtsangeschlossenen (Dokumentations-)Stellen für Juris:
"Wir müssen diesen Veredlungsaufwand auf eigene Kosten betreiben."
Die Vormachtstellung von Juris und Beck-Online hat auch erhebliche Auswirkungen auf die juristische Ausbildung und die Rechtsfortbildung in den Rechtswissenschaften insgesamt. Zwar sind die Datenbanken von Juris und Beck wegen ihrer Benutzerfreundlichkeit und der Fachinhalte an den Hochschulen beliebt, allerdings haben die Fachbibliotheken und die juristischen Fakultäten immer größere Probleme, die erforderlichen Campuslizenzen zu finanzieren. Da gerade die Einsichtnahme in die Volltexte von Gerichtsurteilen – das Hauptprodukt der Juris-Datenbank – eine grundlegende Voraussetzung des juristischen Arbeitens ist, geraten die Hochschulen in Probleme, den erforderlichen Zugang zu den kommerziellen Anbietern ausreichend zu gewährleisten. Damit sich nicht hunderte Studierende um wenige lizenzierte Rechnerzugänge streiten müssen, haben teils Studierendenvertreter Gelder aus Studiengebühren bereitgestellt – wenn auch mit Bedenken, da Studiengebühren eigentlich nicht für die Aufrechterhaltung der unabdingbaren Studienvoraussetzungen, sondern für eine zusätzliche Verbesserung der Lehre und Arbeitsbedingungen an den Hochschulen eingesetzt werden sollen.
Mehr Informationen zu der Zugänglichkeit und den Nutzungsmöglichkeiten von Gerichtsurteilen und anderen staatlichen Dokumenten in diesem IUWIS-Dossier "Urteile, Bundestags- und Ministeriumsdokumente". Den IUWIS-Gastbeitrag "Wem stehen die juris-Millionen zu?" verfasste RA Dr. Timo Ehmann, Geschäftsführer von JusMeum.
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