Amicus Curiae im Fairness Hearing: Amerikanische Spielregeln beim GBS

Beim zuständigen Bundesbezirksgericht in New York häufen sich in den letzten Tagen die eingehenden Stimmen zum Google Book Settlement. Die Ausschlussfrist dafür wurde – aus technischen Gründen (PDF) - um wenige Tage verlängert: Noch bis zum 8. September 2009 kann sich grundsätzlich jeder bei Gericht zum Google Book Settlement äußern.

Im aktuellen Verfahren zum Settlement zeigt sich damit ein weiterer eklatanter Unterschied zum deutschen Prozessrecht: Die Einflussnahme auf die Entscheidung eines Gerichts als „amicus curiae“ ist in Deutschland nicht vorgesehen. Abgesehen von wenigen, engen Ausnahmen gilt der Parteiengrundsatz, desweiteren darf ein deutsches Zivilgericht nach der Dispositionsmaxime grundsätzlich nicht über die Anträge der Parteien (Kläger und Beklagter) hinausgehen.

Ob das Google Book Settlement wirksam wird, entscheidet das amerikanische Bezirksgericht nach einem so genannten „fairness hearing“. Dabei wird geprüft, ob der vorliegende Vergleich insgesamt angemessen ist. Bei dieser Gesamtschau wird das Gericht nicht nur die Argumente von den unmittelbar am Verfahren Beteiligten berücksichtigen, sondern auch die Positionen etwa von Interessenverbänden (z.B. Autorenverbänden, Verbraucherschützern), Unternehmen (z.B. amazon) und Einzelpersonen, die insoweit als „Freunde des Gerichts“ - so die wörtliche Bedeutung von amicus curiae - auftreten. Nachdem unter anderem auch die amerikanische und die deutsche Regierung ihre Auffassungen vorbringen wollen, erinnert das Google-Verfahren deutsche Beobachter insoweit zunehmend an Anhörungsphasen in einem Gesetzgebungsverfahren. Die deutsche Bundesregierung zum Beispiel möchte mit ihrem Amicus Curiae-Brief vom 31. August 2009 (Pressemitteilung, Brief im Volltext) unter anderem erreichen, dass deutsche Autoren und Verleger von der „class“ ausgenommen werden und so nicht automatisch von den Folgen des Google Book Settlements betroffen wären.

Die Anhörung der amici curiae erfolgt in zwei Schritten:
(1) Bis zur Ausschlussfrist am 8. September 2009 können beim Gericht Amicus Curiae-Briefe eingereicht werden. Angesichts der großen Beteiligung interessierter Kreise hatte das Gericht dafür die Ausschlussfrist (ursprünglich Anfang Mai) um vier Monate verlängert, zugleich aber auch auf eine effektive Arbeitsweise gedrängt und z.B. eine Beschränkung des Briefumfangs auf 25 Seiten nahegelegt. Um beim Gericht auch tatsächlich Gehör zu finden, gilt generell: Die interessierten Personen bzw. Gruppierungen sind in ihrem Vorbringen dazu aufgefordert, die Relevanz und Bedeutung ihres Standpunkts deutlich zu machen.

(2) In einem folgenden Schritt werden bei einem Gerichtstermin am 07. Oktober 2009 zugelassene Vertreter (darunter die deutsche Bundesregierung, vertreten durch die Kanzlei Sheppard Mullin Richter & Hampton LLP) am „fairness hearing“ teilnehmen.
Nach derzeitiger Beschlusslage des Gerichtes hat das „fairness hearing“ abschließenden Charakter im Verfahren des Google Book Settlements. Alle Anträge, Schriftsätze und Beschlüsse des laufenden Gerichtsverfahrens sind unter http://news.justia.com/cases/featured/new-york/nysdce/1:2005cv08136/273913/ einsehbar.