Pressemitteilung des Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" zu § 52a UrhG

Das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" sprach sich heute in einer nachstehend dokumentierten Pressemitteilung für eine Entfristung des § 52a UrhG (Öffentliche Zugänglichmachung für Unterricht und Forschung) aus. Derzeit ist der Paragraph nach § 137k UrhG bis zum 31.12.2012 befristet.

Trotz seiner Schwächen, so das Aktionsbündnis, ist 52a für Bildung und Wissenschaft unerlässlich, da ansonsten jede Nutzung von Werken oder nur Werkteilen  für Zwecke von Bildung und Wissenschaft, beispielsweise zur Veranschaulichung im Unterricht, aber auch für Forschungszwecke  genehmigungspflichtig wäre. Die sich daraus zusätzlich ergebenden Hürden dürfte die Nutzung publizierter Information deutlich erschweren, und dies hätte gravierende Auswirkungen auf die Ausgestaltung und die Qualität von Lehre und Forschung. Eine Aufhebung des Paragraphen wäre laut Aktionsbündnis erst dann geboten, wenn im Sinne einer allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsklausel die genehmigungsfreie Nutzung urheberrechtsgeschützter Materialien für Zwecke von Unterricht und Wissenschaft im Urheberrechtsgesetz verankert ist.

(red.)

Wissenschaftsschranke im Urheberrecht (§ 52a) durch Wissenschaftsklausel ersetzen
 

Das Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft” hat zu einer Befragung des Bundesministeriums für Justiz zur Zukunft des § 52a des Urheberrechtsgesetzes, dem sogenannten Wissenschaftsparagraphen, Stellung genommen und gefordert, dass endlich mit der Befristung dieses Paragraphen Schluss sein muss. Auch wenn § 52a UrhG in seiner derzeitigen Form kaum den Bedürfnissen von Bildung und Wissenschaft entspricht, wäre ein Verfallsdatum, wie es von der Verlagswirtschaft gefordert wird, nicht akzeptabel und hätte katastrophale Folgen. „§ 52a”, so schreibt der Sprecher des Aktionsbündnisses an das BMJ, „müsse so lange erhalten bleiben, bis eine umfassende Regelung im Sinne der vom Aktionsbündnis geforderten allgemeinen Wissenschafts- und Bildungsklausel vom Bundestag verabschiedet worden ist.”

Zum Hintergrund: § 52a wurde 2003 in das Gesetz aufgenommen und sollte dazu dienen, Bildung und Wissenschaft einen zeitgemäßen Umgang mit elektronisch publizierten Materialien zu ermöglichen — genehmigungsfrei, allerdings nicht vergütungsfrei. Dieser ursprüngliche Anspruch ist im Prozess der Beratung und Beschlussfassung immer weiter abgeschwächt und die Bedingungen der Nutzung so restriktiv geregelt worden, dass § 52a für Bildung und Wissenschaft noch lange nicht den technischen Möglichkeiten entsprechend und nur nach Überwindung bürokratischer Hürden nutzbar ist. Trotzdem ist gegen diesen Paragraphen von Seiten der Wissenschaftsverlage bzw. vom Börsenverein immer wieder Sturm gelaufen worden, so dass der Bundestag sich schon damals 2003 bei der Beschlussfassung veranlasst sah, diesen neuen Paragraphen hinsichtlich der Geltungsdauer zeitlich zu begrenzen, insgesamt dreimal, derzeit bis Ende 2012.

Deshalb sah sich das BMJ jetzt erneut veranlasst, an die von diesem Paragraphen betroffenen Akteursgruppen (Hochschulen, Schulen, Forschungseinrichtungen, Rechteinhaber, Verwertungsgesellschaften) einen Fragebogen zu verschicken, durch dessen Beantwortung sich das BMJ Klarheit darüber erhofft, ob überhaupt und wenn ja, wie lange § 52a verlängert werden soll.

Das Aktionsbündnis hat § 52a immer wieder in den Detailregelungen kritisiert, aber sich dennoch für den Erhalt einer Regelung zugunsten einer freizügigen Nutzung von publiziertem Wissen in Bildung und Wissenschaft eingesetzt. Denn ein ersatzloser Wegfall, wie er immer wieder vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels gefordert wird und derzeit durch verschiedene Klagen vor Gericht erreicht werden soll, hätte katastrophale Folgen für Bildung und Wissenschaft. Der Sprecher des Aktionsbündnisses, Prof. Rainer Kuhlen, weist darauf hin, dass dann „für jede öffentliche Zugänglichmachung eines geschützten Werks für einen bestimmt abgegrenzten Personenkreis (!) explizit die Einwilligung der Rechteinhaber eingeholt werden müsste. Das kann nicht sein.”

Das Aktionsbündnis hält jedoch eine Debatte um Entfristung, weitere Befristung oder Wegfall von § 52a für zu kurz gegriffen. Eine jüngst abgeschlossene Umfrage in Bildung und Wissenschaft (mit über 2.500 Antworten: vgl. http://www.urheberrechtsbuendnis.de/befragung2011-auswertung1.pdf) hatte u.a. ergeben, dass über 90% der Antwortenden den § 52a als zu restriktiv und als ihre Arbeit behindernd eingeschätzt haben. Ebenso waren 86,3% der Befragten der Ansicht, dass mit Änderungen der bestehenden Schrankenregelungen keine Verbesserungen für Bildung und Wissenschaft zu erwarten sind.

„In dieser Situation”, so schreibt das Aktionsbündnis an das BMJ, „könnte man sich fast der Forderung des Börsenvereins anschließen, dass diese Norm des Urheberrechtsgesetzes wegfallen sollte. Aber nicht ersatzlos!”

Das Aktionsbündnis fordert seit langem — und unterstützt durch 86,3% der Befragten der aktuellen Umfrage — die Einführung einer allgemeinen Bildungs- und Wissenschaftsklausel, die den nicht weiter konditionierten, genehmigungsfreien Zugang und die freie Nutzung des publizierten Wissens ermöglicht. Über eine entsprechende Vergütung müssen sich die Träger der wissenschaftlichen Einrichtungen mit den Verlagen einigen. Mit dem gleichen Ziel, wenn auch in unterschiedlicher Ausprägung, haben auch die Allianz der Wissenschaftsorganisationen und die Kultusministerkonferenz jeweils entsprechende, umfassende Regelungen angemahnt.

Da es jedoch derzeit ungewiss ist, inwieweit oder wann § 52a durch eine neue umfassende Wissenschaftsschranke ersetzt werden kann, fordert das Aktionsbündnis, „dass die weiterhin bestehende Befristung von § 52a aufgehoben wird bzw. dass § 52a so lange erhalten bleibt, bis eine umfassende Regelung im Sinne der vorgeschlagenen Wissenschafts- und Bildungsklausel vom Bundestag verabschiedet worden ist.”

Aktionsbündnis „Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft”
V.i.S.d.P. Prof. Dr. Rainer Kuhlen (Sprecher)

Bezüge