Rechtsprechung zu Creative Commons

Dieser Beitrag gehört zum Dossier Creative Commons.
Erstellt von Thomas Hartmann am 07.08.2011 - 16:58

Vor wenigen Tagen wurde die erste Entscheidung eines deutschen Gerichts zu einer Creative Commons (CC)-Lizenz bekannt. Das Landgericht Berlin bestätigte in einer einstweiligen Verfügung (Az. 16 O 458/10) vom 08.10.2010 die Wirksamkeit der CC-Lizenz "Attribution Share Alike 3.0 Unported". Eine politische Partei hatte ein Bild von Thilo Sarrazin auf ihrer Homepage eingestellt, ohne die CC-Lizenzbedingungen der Fotografin zu beachten. Die das Landgericht anrufende Fotografin machte erfolgreich geltend, dass (1.) sie nicht als Urheberin des Fotos benannt wurde und (2.) der CC-Lizenztext oder dessen vollständige Internetadresse nicht angegeben war.

Die einstweilige Verfügung im Volltext veröffentlichte am 28.07.2011 das Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS) - Kurznachricht mit Volltext der gerichtlichen Verfügung hier. Zum ifrOSS gehört RA Dr. Till Jaeger (Partner der Kanzlei JBB-Rechtsanwälte in Berlin), der die Fotografin auch gerichtlich vertreten hat.

 

Beschluss des LG Berlin nur als einstweilige Verfügung

Die Entscheidung des Landgerichts Berlin ist zwar mit Vorsicht einzuschätzen: Es handelt sich hierbei um einen Beschluss, der lediglich in einem einstweiligen Verfügungsverfahren (§§ 935 ff. ZPO) ergangen ist. In derartigen Verfügungsverfahren befasst sich das Gericht nicht näher mit der rechtlichen Würdigung, sondern prüft vor allem die Plausibilität des Vorbringens und die Eilbedüftigkeit. Auf eine mündliche Hauptverhandlung wird meistens verzichtet. Eine umfassende rechtliche Einschätzung trifft das Gericht in einem späteren Hauptsacheverfahren. Entsprechend erschöpft sich auch in der vorliegenden Verfügung des Landgerichts Berlin die rechtliche Begründung für die Entscheidung im Wesentlichen in folgenden beiden Sätzen:

"Das Foto genießt urheberrechtlichen Schutz als Lichtbildwerk nach § 2 Abs. 1 Nr. 5 UrhG oder als Lichtbild nach § 72 UrhG. Da der Antragsgegner das Foto in seiner Internetseite unter Verletzung der genannten Lizenzbedingungen einstellte, handelte es sich um eine nicht von einer Genehmigung der Antragstellerin gedeckte und damit im Sinne des § 97 Abs. 1 UrhG widerrechtliche Verwendung."

 

Die Botschaft der ersten deutschen Gerichtsentscheidung zu Creative Commons

Dennoch ist diese Entscheidung von wichtiger Bedeutung, denn erstmals bestätigt ein deutsches Gericht die Wirksamkeit von CC-Lizenzbestimmungen. Die Botschaft für die Rechtsanwender lautet:

  • CC-Lizenzen sind gerichtlich durchsetzbar.
  • Verstöße gegen CC-Lizenzen (gerade im Internet) können insbesondere im Wege einstweiliger Verfügungen auch effektiv und kurzfristig geahndet werden. (Im vorliegenden Beschluss wird bei Nichtbeachtung des gerichtlichen Beschlusses ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, angedroht.)
  • Das Recht auf Benennung der Urheberschaft, welches in jeder CC-Lizenz steht, ist wirksam und, gerade auch im Internet, durchsetzbar.

 

Rechtsprechung im EU-Ausland

Nur sehr vereinzelt waren CC-Lizenzen bisher auch im europäischen Ausland Gegenstand von Gerichtsverfahren. Eine Übersicht dazu kann beim Institut für Rechtsfragen der Freien und Open Source Software (ifrOSS) eingesehen werden.

 

Freie Software-Lizenzen bereits gerichtlich bestätigt

Im Bereich der frei lizenzierten Software hingegen haben in den letzten Jahren deutsche Gerichte schon mehrfach die GNU-Lizenz angewandt (siehe Urteilsdatenbank des ifrOSS und Bericht bei Telemedicus). Die General Public License (GNU) eine von der Free Software Foundation (FSF) veröffentlichte Freie Software-Lizenz mit Copyleft für die Lizenzierung von freier Software. Seinen Aufsatz "Enforcement of the GNU GPL in Germany and Europe" veröffentlichte RA Dr. Till Jaeger im vergangenen Jahr im Online-Journal für IP- und IT-Recht JIPITEC.

Kommentare

Share-Alike-Modul

Erfreulicher Beitrag!

Allerdings habe ich in der Einstweiligen Verfügung keinen  Hinweis auf das Share-Alike-Modul gefunden, denn dagegen hat die-rechte.info offensichtlich auch verstoßen. Ich als Nicht-Juristin weiß natürlich nicht genau, inwiefern das bei einer Einstweiligen Verfügung eine Rolle spielt, alle Einzelheiten anzusprechen. Vermutlich reicht es allgemein darauf hinzuweisen, dass gegen den Lizenztext verstoßen wurde.

Ich bin jedenfalls schon auf weitere und ausführlichere Urteile gespannt:)