Wikileaks hinterfragt Geheimdiplomatie

Dieser Beitrag gehört zum Dossier Urteile, Bundestags- und Ministeriumsdokumente.
Erstellt von Thomas Hartmann am 28.12.2010 - 21:39

Transparenz ist das Hauptziel von WikiLeaks. Die Ausgangsidee: Alle Informationen sollen frei zugänglich sein. Selbst formulieren die Internetaktivisten rund um Julian Assange ihre Mission so:

"WikiLeaks is a non-profit media organization dedicated to bringing important news and information to the public."

Doch wieviel Transparenz tut staatlichem Handeln gut? Wie werden künftig Regierungen reagieren, wenn sie damit rechnen müssen, dass ihre geheimen Akten, Daten und Dokumente jederzeit an die Öffentlichkeit geraten können? Kann eine Politik mit offenem Visier Vertrauen wiedergewinnen oder geraten Spitzenpolitiker vor allem stärker unter Druck und verzichten auf unbequeme Entscheidungen?

Karsten Polke-Majewski, stellvertretender Chefredakteur von ZEIT ONLINE, findet, dass ein Land mit Offenheit leichter zu regieren sei (hier bei ZEIT ONLINE zu seinem Artikel "Mehr WikiLeaks wagen!" vom 15.12.2010, erschienen auch in DIE ZEIT vom 16.12.2010). Weil damit zugleich die berufsethischen Grundfeste der Journalisten berührt sind, kann es unterdessen nur wenig wundern, dass in derselben ZEIT-Ausgabe die Herausgeber Bernd Ulrichund Josef Joffe auch andere Töne anschlagen. In seiner Zeitgeist-Kolumne vom 16.12.2010 geht Joffe mit den Motiven von WikiLeaks-Gründer Assange scharf ins Gericht: Assange wolle die Macht "für sich, als Ein-Mann-Agentur des regime change". Weiter fürchtet Joffe "Anarchie, also Gesetzlosigkeit, die absolute Unfreiheit." Ulrich sieht mit den Enthüllungen von WikiLeaks einen Depeschen-Journalismus heraufblühen und fragt sich in Zeiten der Politik- und Politikjournalismusverdrossenheit gleich in der Übertitelung: "Was ist bloß los mit uns?" (Artikel erschienen in DIE ZEIT vom 16.12.2010, S. 6).

 

Doch was vermag die aktuelle Diskussion um WikiLeaks zur Urheberrechtsdebatte beizutragen? Würden Sie es begrüßen, wenn das Bundesjustizministerium mehr Einblick in die derzeitigen Vorbereitungen zum Dritten Korb gewähren würde? Trägt es zur Versachlichung der politischen Auseinandersetzung bei, wenn die Projektgruppe Urheberrecht der Enquete-Kommission Internet und digitale Gesellschaft im Bundestag grundsätzlich nichtöffentlich tagt (siehe dazu auch IUWIS-Randbemerkungen und Ankündigung der nächsten nichtöffentlichen Sitzung am 21.01.2011)?

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