Nach der Entscheidung des LG Stuttgart: Börsenverein fordert Ende von § 52a UrhG

Nach einer Reihe von Kommentaren, die die Entscheidung des Landgerichts Stuttgart in der Klage des Alfred Kröner Verlags gegen die Fernuniversität bezüglich der Zugänglichmachung von Werkteilen zu Unterrichtszwecken im Rahmen des § 52a UrhG - vorsichtig formuliert - eher skeptisch annotierten, präsentiert sich der Börsenverein in seiner von der Fachwelt bereits sehr erwarteten und heute publizierten Bewertung des Urteils teilweise zufrieden und zudem überaus kämpferisch. Wirklich gelöst sieht man beim Interessenverband das Problem allerdings erst dann, wenn der Paragraph § 52a seine Gültigkeit verliert.

Die Bildungs- und Wissenschaftsschranke, die es ermöglicht, kleine Teile eines Werkes zu Unterrichtszwecken auch über Intranetstrukturen zugänglich zu machen, ist bis zum 31.12.2012 befristet. Spätestens bis zum Herbst nächsten Jahres muss über den weiteren Status des Urheberrechtsgesetzesparagraphen entschieden werden. Im Jahr 2008 betonte die damalige Bundesjustizministerin Brigitte Zypries die Bedeutung des Paragraphen für den Wissenschaftsstandort Deutschland und betonte:

"Bei einer erneuten Evaluierung im Jahr 2012 werden wir hoffentlich endgültig feststellen können, dass sich die Vorschrift in der Praxis bewährt hat und alle Rechtsinhaber auch ihre angemessene Vergütung für die Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke erhalten." (vgl. hier)

Im Jahr 2011 erscheint die Regelung Karl-Peter Winters, dem Vorsitzenden des Verleger-Ausschusses im Börsenverein, als überholt sowie als Innovationshemmnis für die Entwicklung "hochwertige[r] elektronische[r] Ausbildungswerke für Forschung und Lehre". Die Frage der angemessenen Vergütung ist für ihn im Rahmen von § 52a ebenfalls obsolet:

„Angemessen vergütet werden Lehrbuchautoren und Verlage [...] ohnehin nur, wenn der Erfolg ihrer Werke im Markt entscheidet“

Die Praxis der Fernuniversität Hagen bezeichnet er in seiner Stellungnahme als "Exzess". Für die Studierenden in Deutschland betont, „dass nur ein ersatzloses Auslaufen des § 52a Urheberrechtsgesetz die Ausbildung deutscher Studenten mit den modernsten und besten Lehrmaterialien sichern kann.“ Eine Kompromisslösung gleich welcher Art scheint zu diesem Zeitpunkt Thema folglich ausgeschlossen.

Es ist also zu erwarten, dass sich eine intensive Diskussion an diesen beiden Positionen entwickeln wird: Während der Börsenverein generell auf eine Aufhebung der Wissenschaftsschranken (vgl. auch hier) drängt, lässt sich besonders auf Seiten der Wissenschaft zunehmend die Forderung nach einer allgemeinen Wissenschaftsschranke vernehmen, die die bisherigen Regelungen weitgehend aufnimmt und vereinfacht.

Parallel wird zieht der klagende Verlag vermutlich vor die nächste Instanz, so die Meldung auf boersenblatt.net:

"Der vom Börsenverein unterstützte Alfred Kröner Verlag beabsichtigt, gegen die Entscheidung Rechtsmittel einzulegen, weil ihm das vom Gericht ausgesprochene Verbot, das bestimmte ungenehmigte Nutzungen weiterhin zulässt, nicht weitreichend genug ist."

(bk)

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