Amended Google Book Settlement – eine Zusammenfassung

Am 13. November reichten Google und die amerikanischen Verbände, die das erste Settlement vereinbart hatten, eine überarbeitete Fassung ein, die dann auch ein paar Tage später von Richter Denny Chin vorläufig angenommen wurde. Die offizielle Anhörung, bei der dann die endgültige Abnahme geschieht, ist für den 18. Februar angesetzt.

Die wichtigste Änderung ist, dass sich der Geltungsbereich des Settlement beschränkt auf Bücher, die in den USA, Kanada, Großbritannien und Australien verlegt wurden. Nur bei älteren Werke vor 1978, die in den USA damals in ein Copyright-Register eingetragen werden mussten, sollten sie dort auch urheberrechtlichen Schutz genießen wollen, können Werke aus anderen Ländern noch betroffen sein. Eine ausführliche Zusammenfassung gibt Ilja Braun im iRights.info-Blog. Weitere Erklärungen finden sich bei boersenblatt.net, wo Jurist Niels Rauer die Veränderungen zusammenfasst und im FAQ des Börsenvereins zum Google-Book-Settlement.

Das bedeutet, dass Google mit den deutschen Playern (Verlage, Bundesregierung, Verbände) neu verhandeln müsste, wenn diese auch deutschen Nutzern Zugang zu den von Google eingescannten Büchern ermöglichen wollten. Erste Reaktionen weisen darauf hin, dass mit dieser Entscheidung Deutschland (und Europa) von einem großen Teil des (gedruckten) Wissens abgeschnitten wird, etwa im Freitag in Katrin Schusters Kommentar „Europa sieht wieder einmal alt aus“. Auch der Börsenverein des deutschen Buchhandels hat plötzlich Sorge, dass Europa von der Buchdigitalisierung abgeschnitten und den Anschluss verlieren könnte. Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins, plädiert für eine Stärkung genuin europäischer Digitalisierungs- und Online-Buchmarkt-Projekte.

Burkhard Hess, Direktor des Instituts für Ausländisches und Internationales Privat- und Wirtschaftsrecht an der Universität Heidelberg, ist immer noch der Meinung, dass Google mit seinem Digitalisierungsprojekt das Recht bricht. In der FAZ Ende vergangener Woche ruft er dazu auf, dass Europa den Spieß umdrehen solle und sowohl Google als auch die teilnehmenden Bibliotheken verklagen sollte, weil diese sich sozusagen mitschuldig gemacht hätten.

Darauf regierte Rainer Kuhlen im Netethicsblog, indem er abermals darauf hinweist, dass es gar nicht gesagt ist, dass das Vorgehen von Google gesetzeswidrig ist – auch wenn das die Interessenverbände der Verlage immer wieder wiederholen. Es gehe aber vor allem darum, wie die Interessen der Öffentlichkeit auf Zugang zu vergriffenen und verwaisten Werken durchgesetzt werden können: „Die elektronische Sichtbarkeit der vergriffenen und verwaisten Werke liegt vor allem im Interesse der Wissenschaft.“

Kuhlen schlägt vor, dass sich die Anwälte und Juristen vielleicht einmal auf ein neues Thema konzentrieren: „Könnte es nicht eine Herausforderung an die Rechtswissenschaft sein, sich an der Ausgestaltung eines Rechts zu beteiligen, das z.B. die erlaubnisfreie (nicht unbedingt entgeltfreie) Nutzung von vergriffenen und verwaisten Werken möglich machte und das den gewandelten normativen Erwartungen für den Umgang mit Wissen und Information in elektronischen Räumen Rechnung tragen kann, anstatt nur das bestehende Recht zu interpretieren?” Bei Archivalia unterstützt Klaus Graf diese Einschätzung und meint, dass eine Opt-Out-Praxis die einzige Möglichkeit ist, den Herausforderungen der Informationsgesellschaft gerecht zu werden. Eine Lösung für das Problem der verwaisten Werke wäre sonst nicht möglich.

Die Diskussion um das Google Book Settlement ist sicherlich auch in Deutschland noch nicht beendet, da sie Fragen aufgeworfen hat, die auch nach dem Rückzug von Google in Europa immer noch auf Antworten warten: Wie kann eine europäische digitale Bibliothek aussehen? Vor allem: Können wir Regelungen finden, mit denen alle beteiligten Parteien zufrieden sind?