Die Regulierung kultureller Beziehungen im Zeitalter des geistigen Eigentums

VerfasserInnen

Siegrist, Hannes

Publikationsinformationen

Erscheinungsdatum: 1. Juli 2014
Mohr Siebeck
Zeitschrift für Geistiges Eigentum / Intellectual Property Journal
2
6
149-181
33 Seiten
10.1628/186723714X14139626212716
Zeitschriftenaufsatz
Deutsch

Abstract

Abstract:

"Das Zeitalter des geistigen Eigentums ist gekennzeichnet durch das Vordringen und die Verbreitung eigentumsartiger Institutionen (im Sinne von Regeln) in der Welt des Wissens, der symbolischen Formen und der Medien. Zuständigkeiten und Sonderansprüche für die Nutzung sog. geistiger Werke oder immaterieller Güter sowie die damit eingehenden Herrschafts-, Kooperations- und Austauschbeziehungen werden vermehrt mithilfe der Institution des geistigen Eigentums geregelt. Die Tendenz zur eigentumsartigen Institutionalisierung der Beziehungen in Kultur, Wissenschaft und Medienwirtschaft nimmt seit rund zweihundert Jahren im nationalen wie im globalen Maßstab zyklisch zu. Im Zuge dieser ,,propertization“ oder ,,Propertisierung“, in deren Verlauf die Regeln und Normen des geistigen Eigentums in immer neue Konstellationen und Kontexte diffundieren, wandeln sich Bedeutung und Funktion des geistigen Eigentums ganz erheblich.

Der vorliegende Beitrag diskutiert zunächst zwei grundsätzliche Fragen: Warum und unter welchen Gesichtspunkten unterscheiden moderne Gesellschaften zwischen Gemeinwissen und Sonderwissen? Und welche institutionellen und normativen Muster entwickeln und verwenden sie, um die Nutzung kognitiven Wissens, symbolischer Formen und kultureller Artefakte zu regeln? Daran anschließend wird anhand der langfristigen und globalen Geschichte gezeigt, wie sich Individuen, Interessengruppen, Staaten und internationale Organisationen über Begründungen, Formen und Funktionen proprietärer Exklusivrechte sowie über deren inhaltliche, räumliche und zeitliche Entgrenzung und Begrenzung verständigen. Die Geschichte der Propertisierung wird mit der Geschichte alternativer und komplementärer Institutionalisierungsprozesse verknüpft, insbesondere mit der Nationalisierung und Globalisierung; zuerst im Rahmen eines historischen Überblicks, dann anhand von zehn Thesen zur Rolle und Funktion des geistigen Eigentums in der nationalen, internationalen und transnationalen Governance von Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Recht. Der Verfasser plädiert dafür, die spezialisierte rechtshistorische und rechtswissenschaftliche Forschung über geistiges Eigentum und Immaterialgüterrecht stärker in die disziplinäre und interdisziplinäre Forschung über Geschichte, Politik, Kultur, Wissenschaft, Wirtschaft und Recht zu integrieren."

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