Im Dunkeln irren, ohne den Blick zum Horizont zu wagen!
Kommentar von Thomas Severiens zur Tagung "Autorschaft als Werkherrschaft in digitaler Zeit" am 15. Juli 2009. Als mir vor einigen Monaten die Ankündigung der Tagung „Autorschaft als Werkherrschaft in digitaler Zeit“ auf den virtuellen Schreibtisch flatterte, sah ich dem Termin mit Spannung und doch etwas Grauen entgegen. Spannung, weil es doch immer interessant zu sehen ist, wie sich die deutschsprachigen Verlage in ihrer Öffentlichkeitskampagne gegen die vermeintlichen Bedrohungen des Onlinezeitalters zu wehren versuchen und den Kampf genauso verzweifelt und unlauter führen, wie die Atomkraftlobby gegen die Flügel der Windkrafträder argumentiert. Der Tag im Frankfurter Literaturhaus war dann jedoch in der Tat sehr unterhaltsam: Man konnte dem blinden Vertrauen der Verlagsvertreter in die Argumente der Vorantreiber des Astroturfing gegen die Open Access Aktivitäten der Wissenschaftler und ihrer Institutionen zuzuschauen. Während in den USA momentan die Tageszeitungen mangels online-tauglichen Geschäftskonzepten wie die Fliegen sterben, hoffen die deutschsprachigen Verleger offenkundig, im Heidelberger Appell ihr Heilmittel gegen die neuen Entwicklungen in der Welt des Schrifttums gefunden zu haben. Auf die inhaltlichen Argumente will ich hier gar nicht eingehen, das haben andere in u.a. http://netzpolitik.org/2009/die-selbsthilfegruppe-heidelberger-appell-tagt/ und http://www.perlentaucher.de/blog/51_die_fruechte_des_internets bereits sehr detailliert getan. Erschreckender als die Schein- und Falschargumente der Heidelberger Appellierer war für mich, die Respektlosigkeit der Akteure – nach dem Motto, wenn die Argumente fehlen wird man beleidigend – und deren arrogante Unwissenheit. Wer online-Schreibende pauschal als „Content-Eunuchen“ verunglimpft, wer Halbsätze aus ihrem Zusammenhang reißt und dann jenseits ihres Kontextes als Argumente einsetzt (OA-Zwang von ZORA http://www.zora.uzh.ch/) oder gar behauptet, CD-ROMs würden durch das Erdmagnetfeld gelöscht werden, der hat offenbar das Zeug dazu, sich zum Sprecher der deutschen Wissenschaftsverlage zu machen – und erhält folglich von diesen Applaus und ein Podium gegenüber der Öffentlichkeit. Wenn die Verleger auf diesem intellektuellen Niveau agieren, so weine ich keinem dieser Häuser eine Träne nach, wenn die Tageszeitungskrise bald auch zu einer Krise der Wissenschaftsverlage wird. Momentan jedenfalls haben diese die Wirklichkeiten des Internets, die Möglichkeiten von Web2.0, von Suchmaschinen und den Alltag heutiger Wissenschaften noch nicht einmal erahnt und tapsen jammernd im Tal der Finsternis, geschweige denn, dass sie nach den sich abzeichnenden Geschäftsmodellen für das Online-Zeitalter suchen. Vermutlich auch, weil das Wort „Geschäftsmodell“ von den meisten Rednern der Tagung zum Unwort stilisiert und verzerrt wurde.
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