Ein Referentenentwurf für das Zweitverwertungsrecht, aber wohl noch kein Ende der Debatte

 

Ein Referentenentwurf für das Zweitverwertungsrecht, aber wohl noch kein Ende der Debatte

Eine urheberrechtliche Regelung des Zweitverwertungsrechts für Autoren von wissenschaftlichen Beiträgen ist zweifellos zu begrüßen. Mit der Vorlage eines Referentenentwurfs des BMJ vom 20.2.2013 scheint es, dass die jahrelange Verweigerung der Bundesregierung, dieses Recht zuzubilligen (trotz aller Unterstützungssignale für dieses Recht, z.B. des Bundesrats oder der Wissenschaftsorganisationen und natürlich des Aktionsbündnisses), nun Vergangenheit werden könnte.

Aber der Entwurf alleine reicht wohl noch nicht aus.  Natürlich ist dieser, auch zusammen mit der jetzt ebenfalls vorgeschlagenen Regelung des Umgangs mit verwaisten Werken, keineswegs das, was Bildung und Wissenschaft mit dem Dritten Korb erwartet haben – nämlich vor allem eine Abkehr von der Vielzahl der unzulänglichen, unbrauchbaren und nur Streit verursachenden Schrankenregelungen zugunsten einer umfassenden restriktionsfreien Wissenschaftsklausel. Aber auch der Entwurf zum Zweitveröffentlichungsrecht ist bislang noch eher ein minimalistischer Vorschlag. Aber da ja nach der alten Struck-Regel kein Gesetzentwurf aus dem Parlament so herauskommt, wie er reingekommen ist, besteht noch Hoffnung.

Deshalb einige Hinweise auf Verbesserungen. Das Aktionsbündnis Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft ist auch zur Stellungnahme aufgefordert und wird dies fristgerecht tun (Termin: 6.3.2013). Es ist sehr zu hoffen, dass das BMJ diesmal alle Kommentare (ca. 200 Personen/Institutionen wurden angeschrieben) zeitnah öffentlich zugänglich macht. Eine entsprechende Aufforderung ist an das BMJ ergangen.

So sieht der Vorschlag des BMJ als neuer Absatz von § 38 UrhG  vom 20.2.2013 derzeit aus:

„(4) Der Urheber eines wissenschaftlichen Beitrags, der im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit entstanden und in einer periodisch mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlung erschienen ist, hat auch dann, wenn er dem Verleger oder Herausgeber ein ausschließliches Nutzungsrecht eingeräumt hat, das Recht, den Beitrag nach Ablauf von zwölf Monaten seit der Erstveröffentlichung in der akzeptierten Manuskriptversion öffentlich zugänglich zu machen, soweit dies keinem gewerblichen Zweck dient. Die Quelle der Erstveröffentlichung ist anzugeben. Eine zum Nachteil des Urhebers abweichende Vereinbarung ist unwirksam.“

Einige Verbesserungs-/Erweiterungsvorschläge zur weiteren Beratung sollten erwogen werden:

  • Da in vielen Disziplinen Veröffentlichungen in Konferenz-Proceedings mindestens als gleichwertig mit Zeitschriftenveröffentlichungen eingeschätzt werden und auch hier i.d.R. keine Honorare gezahlt werden, sollten zumindest diese noch einbezogen werden.
  • Etwas mehr Mut hätte man sich bezüglich Sammelbänden, Monographien und Lehrbüchern gewünscht, vielleicht mit modifizierten Embargofristen -  unterschieden z.B. danach, ob Honorare gezahlt wurden oder nicht. So, wie es jetzt beschränkt ist, wird man das in einigen Jahren wohl ohnehin ändern müssen. Volltexte sind ebenfalls Werke, bei denen Autoren nicht alle Nutzungsrechte per Vertrag abgezwungen werden sollten, und OA-Kandidaten sind sie ohnehin.
  • Die Embargo-Frist von 12 Monaten ist sehr weit gestreckt. International scheint sich eine Embargo-Frist von 6 Monaten als sinnvoll durchzusetzen.
  • Die Einschränkung des neuen Rechts auf Texte „in der akzeptierte Manuskriptversion“ ist  überflüssig. Den Verlagen entstehen durch die öffentliche Zugänglichmachung der Verlagsversion keine zusätzlichen Nachteile, vermutlich eher zusätzliche Marketingvorteile.
  • Fraglich auch, ob die Beschränkung der wissenschaftlichen Beiträge auf die „im Rahmen einer mindestens zur Hälfte mit öffentlichen Mitteln finanzierten Lehr- und Forschungstätigkeit“ entstandenen sinnvoll ist. Auch WissenschaftlerInnen, die überwiegend nicht durch öffentliche Mittel gefördert werden, sind urheberrechtlich geschützte AutorInnen und ihnen sollte das Zweitverwertungsrecht nicht versagt bleiben.

Nicht zu verkennen ist zudem, dass der Vorschlag auf halbem Wege stehen bleibt. Offen gesagt werden darf es wohl nicht, aber diese Erweiterung von § 38 UrhG soll natürlich auch die allgemein-gesellschaftlich und politisch in der EU und wohl auch in Deutschland erwünschte Ausweitung der Open-Access-Verfügbarkeit befördern. Es ist also dringend ein politischer Vorschlag erforderlich, wie die Öffentlichkeit von diesem dann wiedergewonnenen Recht der AutorInnen Nutzen ziehen kann, vor allem bezüglich der mit öffentlichen Mitteln und in öffentlicher Umgebung produzierten Werke. Auf die Willigkeit der wissenschaftlichen AutorInnen alleine zu setzen, hieße Open Access um viele Jahe zu verzögern. Die Optionen liegen ja auf dem Tisch

  • eine Open-Access-Zugänglichmachung als Verpflichtung (nicht nur als Empfehlung) durch die öffentlichen Förder-/Vergabebedingungen
  • eine gesetzliche Regelung durch Zwangslizenzen gegenüber den kommerziellen Rechteinhabern zugunsten von öffentlichen Open-Access-Repositorien (diese Option ist bislang kaum erwogen worden)
  • Open-Access-Mandate der Institutionen der AutorInnen, entsprechend der früheren Änderung des Patentierungsrechts durch eine   Änderung des Arbeitnehmererfindungsgesetzes.

Fazit: Ein Vorschlag, aber doch wohl kein Ende der Debatte. Fraglich ohnehin, dass dieser Entwurf noch in dieser Legislaturperiode alle Hürden wird überspringen können, damit er Gesetz werden kann. Und ab September werden die Karten ohnehin neu gemischt.