Sogar eine Dreiklassengesellschaft der Wissenschaft durch das von der Bundesregierung verabschiedete Zweitverwertungsrecht - im Bundesrat-Ausschuss für Kulturfragen

Baden-Württemberg will über einen in der 558. Sitzung des Ausschusses für Kulturfragen am 15. April 2013 behandelten Antrag (Drucksache  265/13 vom 12.4.2013) erreichen, dem Bundesrat zu empfohlen, zu dem im Bundeskabinett am 10.4.2013 verabschiedeten Entwurf eines Gesetzes zur Nutzung verwaister und vergriffener Werke und einer weiteren Änderung des Urheberrechtsgesetzes Stellung zu nehmen.

 

Hier wird nur auf die Stellungnahme zu dem im Entwurf enthaltenen Vorschlag zur Regelung eines Zweitverwertungsrechts Stellung genommen. Es werden die wichtigsten Argumente des Antrags wiedergegeben. Ob dies die offizielle Position des Bundesrats wird, ist noch nicht entschieden.

Nachdrücklich wird im Antrag angeregt, die Bezeichnung „Zweitverwertungsrecht“ durch „Zweitveröffentlichungsrecht“ zu ersetzen. „Verwertung“ beziehe sich in der Regel auf die kommerzielle Nutzung, die aber durch das neue Recht ausdrücklich ausgeschlossen wird. Zudem zielt das Interesse der Wissenschaft auf Veröffentlichung, nicht primär auf Verwertung ab.

Als „durch keinen sachlichen Grund zu rechtfertigende Diskriminierung“ wird die „Herausnahme des gesamten an Hochschulen beschäftigten wissenschaftlichen Personals aus dem Anwendungsbereich der Norm, sofern diese nicht im Rahmen öffentlich geförderter Projekte forschen“ kritisiert:

„Durch das Gesetz würde eine Dreiklassengesellschaft - außeruniversitäre Forschungseinrichtungen - Hochschulen insgesamt - Geistes- und Sozialwissenschaften an Hochschulen geschaffen. Die Öffentlichkeit hat ein auch in diesem Bereich gleichgelagertes Interesse am Zugang zu Forschungsergebnissen, die das wissenschaftliche Personal an Hochschulen im Rahmen ihrer Dienstaufgaben in Forschung und Lehre generiert und in Zeitschriften und Sammlungen publiziert. Denn dieses Personal ist nicht nur mit mehr als der Hälfte, sondern in vollem Umfang aus Mitteln des Steuerzahlers finanziert.“

Der Bundesrat hält ebenfalls die Embargofrist von 12 Monaten für zu lang. Entsprechend der „Empfehlung der EU-Kommission vom 17. Juli 2012 über den Zugang zu wissenschaftlichen Informationen und deren Bewahrung (2012/417/EU) … [wird] zumindest für den Bereich der sogenannten MINT-Fächer (Medizin, Ingenieur-, Natur- und Technikwissenschaften) eine Embargofrist von längstens 6 Monaten … für ausreichend [gehalten], um den berechtigten wirtschaftlichen Interessen der Verleger angemessen Rechnung zu tragen.“

Auch wird die „Einschränkung des Anwendungsbereiches von Abs. 4 auf Veröffentlichungen in „mindestens zweimal jährlich erscheinenden Sammlungen“ … nicht zielführend [eingeschätzt], da dadurch einzelne Fächer ohne Grund benachteiligt würden. Durch die vorgeschlagene Regelung würden beispielsweise die in einzelnen Fächern zentralen Publikationsformen wie Sammelbände und Proceedings aus dem Anwendungsbereich der Norm ausgeschlossen.“

Auf die Festlegung, dass nur die Autorenversion, nicht die Verlagsversion des publizierten Werkes verwendet werden darf, geht der Antrag nicht ein.